Unterschiede zwischen Schreibung und Aussprache
Ein Hindernis beim Sprachenlernen sind Unterschiede zwischen der Schrift und Aussprache. Zum einen können gleich geschriebene Buchstaben und Buchstabenkombinationen in den jeweiligen Sprachen unterschiedlich ausgesprochen werden (s. Buchstabe und Laut). Zum anderen gibt es nicht selten auch innerhalb einer Sprache Abweichungen. Das trifft auch auf das Niedersorbische zu. Genaueres findet sich in der Aussprachebeschreibung der einzelnen Buchstaben. An dieser Stelle wird lediglich auf die wichtigsten Unterschiede verwiesen.
Nicht ausgesprochene (»stumme«) Buchstaben
Im Niedersorbischen werden in gewissen Positionen (meist aus sprachhistorischen Gründen) Buchstaben zwar geschrieben, jedoch beim Sprechen nicht realisiert. Stumm bleiben:
- ‹g› im Wort gdy und seinen Ableitungen, die mit gdy- anfangen: gdy, gdygano
- ‹h› in jeder Position: how, hyšći, zhandaś
- ‹j›:
-
‹ł›:
- nach Obstruenten im Wortauslaut: zmysł, pjakł, knigł
- vor Obstruenten im Wortanlaut: łdgaś, łžycka
- nach ‹m›: młodosć, młośiś, młyn
- ‹p› im Anlaut vor ‹c› (nicht: ‹ch›) und ‹t›: pcołka, ptašack
- ‹r› vor ‹dž›: rdžaś se, zemjerdžanje
- ‹t› vor ‹c›, ‹č›, ‹t›, ‹tš›, ‹tś›: skrotcony, wóttšachotnjenje, wóttam
- ‹w›:
Nicht bezeichnete Palatalisierung
Die Palatalisierung von Konsonanten im Niedersorbischen ist nicht einheitlich markiert. In einigen Positionen bleibt sie unbezeichnet, was leicht zu einer harten – falschen – Aussprache führen kann. Unmarkiert aber trotzdem weich sind:
- alle Konsonanten vor den Vokalen ‹ě› und ‹i›
- ‹g› und ‹k› im niedersorbischen indigenen Wortschatz vor ‹e›
- ‹l› im niedersorbischen indigenen Wortschatz vor ‹e›, wenn dieses als [ɛ] realisiert wird
- ‹l› fakultativ in allen anderen Positionen
- teilweise ‹r› vor Konsonanten (gilt nur für Texte, die vor 2019 entstandenen sind, vgl. hierzu die Änderungen in den Rechtschreibregeln: Buchstabe ŕ).
Siehe auch: Palatalisierung, Orthographische Bezeichnung der Weichheit, Unterscheidung hart : weich.
Assimilation und Verlust der Stimmhaftigkeit im Auslaut
Als Unterschied zwischen Aussprache und Schrift könnte man auch die Ergebnisse von Assimilation und Auslautverhärtung sehen. In beiden Fällen geht es um den Kontext (das Umfeld), in dem ein Laut realisiert wird. Vor stimmlosen Obstruenten werden im Niedersorbischen beispielsweise stimmhafte Obstruenten stimmlos und umgekehrt, vgl. wucba (mit [d͡z] statt [t͡s]), razka (mit [s] statt [z]).
Bei der Auslautverhärtung verlieren stimmhafte Obstruenten im absoluten Auslaut ihre Stimmhaftigkeit. So wird das ‹d› am Wortende von gad als [t] ausgesprochen: [gat]. Das Wort klingt folglich genauso wie das Wort gat (vgl. gad und gat). Steht aber in flektierten (gebeugten) Formen das ‹d› vor einem Vokal, z. B. gada, so wird es stimmhaft gesprochen: gada. Die Auslautverhärtung existiert übrigens auch im Deutschen, vgl. Rad – [raːt].
Mehr darüber: Assimilation (Lautangleichung), Verlust der Stimmhaftigkeit im Auslaut.